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Moldauklöster der Bukowina,
Holzkirchen in Maramureş
und ein Friedhof


Kloster Voroneţ

Rumänien? Wer reist schon nach Rumänien?

Ein Reise-Report über zwei Regionen mit großer Vergangenheit, architektonischen Besonderheiten und einmaliger Kirchenkunst, mit viel Armut, einer grandiosen Landschaft und freundlichen Menschen

Die Moldauklöster der Bukowina, die Holzkirchen in Maramureş und ein Friedhof

Wir haben uns mittlerweile daran gewöhnt, erstaunte, fragende, abschätzige Blicke zu ernten, wenn wir auf die Frage "Wohin fahrt Ihr in Urlaub" oder "Wo wart Ihr im Urlaub?" mit RUMÄNIEN antworten. Da schwingen in unserer Generation einerseits Erinnerungen an die grausigen Bettenburgen im volksrepublikanischen Mamaia mit. Andererseits werden Assoziationen hergestellt zu der korrupten Politikerkaste, der Volksgruppe, die sich selbst Ţiganii nennt, der rumänischen Aussiedlungspolitik und dem ab 1989 folgenden Exodus der Siebenbürger Sachsen.

Ist ja auch alles wahr. Aber, wie wir inzwischen wissen, nicht die ganze Wirklichkeit.


Unsere beiden Rumänienreisen 2014 und 2015

Rumänien ist ein Reiseland, in dem sich eine UNESCO-Welterbestätte an die andere reiht. Mit grandiosen Landschaften und freundlichen, hilfsbereiten Menschen. Eine Destination, die ein Dorado ist sein müßte für jeden halbwegs beflissenen Kunst- und Kulturinteressierten.

Allerdings muß man, wenn man die Spur aufnimmt zu den Kirchenburgen in Siebenbürgen, den Holzkirchen in Maramureş oder den einzigartigen Moldauklöstern, auf mancherlei verzichten. Was dem physischen Wohlbefinden nicht immer zuträglich sein mag.

Die touristische Infrastruktur ist, um es so positiv wie möglich auszudrücken, verbesserungsfähig. Alles ist vorhanden. Natürlich. Bunte Broschüren und Websites beweisen es: Hotels und Restaurants und Mietwagen, alles ist da und - für mitteleuropäische Verhältnisse - zu Spottpreisen.

Aber: Wie sollen sich die touristischen Highlights vermarkten lassen, wenn's an Qualität mangelt und darüber hinaus die Kapazitäten für Studienreisen-Gruppen nicht ausreichen? Einerseits. Andererseits jedoch: Woher soll das Geld kommen, um Kapazitäten anzupassen und Qualitätsstandards zu erhöhen, wenn keine Touristen kommen?

Noch eins, das wir schon in Siebenbürgen, aber auch in Polen und der Slowakei beklagt haben: Da  erklärt die UNESCO wahrlich einmalige Sehenswürdigkeiten zum Weltkulturerbe. Und dann gibt es Leute, die – neugierig geworden – allerlei Strapazen auf sich nehmen, um sich diese Zeugnisse vergangener Jahrhunderte anzusehen. Und stehen vor verschlossenen Türen. Soeben wieder leidvoll erfahren bei den Holzkirchen in Maramureş.

Belassen wir's dabei. Wir haben uns auf beiden Rumänienreisen wohlgefühlt, haben die Umstände so akzeptiert, wie sie nun einmal sind, haben gut und weniger gut gegessen und geschlafen und haben uns mit den vorsintflutlichen Straßenverhältnissen arrangiert, indem wir langsam gefahren sind. Der Lohn lag in der Begegnung mit einmaligen, einmalig schönen Denkmälern aus den Blütezeiten der rumänischen Geschichte. Und dem Genuß unglaublicher Freundlichkeit.

Belege für diese Behauptung gewünscht? Voilà: Auf unserer Reise haben wir in sechs Hotels übernachtet. Viermal waren wir die einzigen Gäste. Trotzdem wurde für uns von der Ankunft bis zur Abreise nicht nur das übliche Programm durchgezogen, man versuchte – erfolgreich – uns das Gefühl zu vermitteln, gern gesehene Gäste zu sein. Da war nichts, wie man unterstellen könnte, von Unterwürfigkeit oder Schleimerei. Uns wurde schlicht und einfach Gesten purer Herzlichkeit entgegengebracht. In Moldoviţa wurden wir mit einer festen Umarmung verabschiedet, in Rădăuţi wurde für uns ein opulentes Früstücksbüffet aufgebaut und beim Auschecken erhielten wir eine Tüte ofenfrischen Gebäcks "für die Reise" und in Suceava, ja in Suceava geschah uns etwas, was uns alten Fahrensleuten die Tränen in die Augen trieb.

Kaum hatten wir - wiederum die einzigen Hausgäste - zum Frühstück Platz genommen, ertönte ein Melodienreigen, der uns während des gesamten Frühstücks begleitete. Melodien aus längst vergangenen Zeiten, wie man sie ehedem aus Pianobars kannte.
Dragos Bidirel, überregional bekannter Jazz- und Konzertpianist spielte auf, für uns, die beiden Frühstücksgäste des Acht-Zimmer-Hotels. So wie jeden Tag.

Am Anfang unserer Reiseplanung standen die Moldauklöster

Spröde wirbt das Rumänische Fremdenverkehrsamt für die auf der Welt einmaligen Bauten:
"Die bekanntesten Kirchen und Klosterkirchen Rumäniens, weltweit als Moldau-Klöster bewundert, befinden sich im nordöstlichen Teil des Landes in der Region Moldau und wurden im 15. und 16. Jahrhundert erbaut. Sowohl die Außenmauern als auch die Innenwände wurden mit Fresken bedeckt."
Das lockt wahrlich keinen Hund hinterm Ofen hervor. Um wieviel aussagekräftiger ist dagegen die Beschreibung in Wikipedia.


Acht der Moldauklöster gehören seit 1993 zum UNESCO-Welterbe. Diese waren das eigentliche Ziel unserer Reise, von der wir erwarteten, dass sie, abgesehen von unserem kunsthistorischen Interesse, eine sinnvolle Ergänzung zu unserer vorjährigen Tour zu den Siebenbürger Kirchenburgen sein würde.

Zu einem relativ späten Zeitpunkt, als bereits alle Reservierungen getätigt waren, stießen wir auf einen Bericht über den "Fröhlichen Friedhof" in Săpânţa, ein Dorf, 15 Kilometer westlich von Sighetu Marmaţiei (auch Sighet) in Maramureş, unmittelbar an der ukrainischen Grenze. Der Gedanke hinter den Darstellungen und die naiv-künstlerische Ausfertigung der Grabkreuze schienen uns so faszinierend,


dass wir unsere Reiseroute daraufhin überprüften, ob Săpânţa innerhalb des gesetzten Zeitrahmens besucht werden könne. Ein erster Blick auf die Straßenkarte genügte, um zu erkennen, dass die Umroutung mit einigen Reservierungsänderungen machbar war.

Der Entschluß war schnell gefasst, da sich durch die neue Streckenführung Gelegenheit ergeben würde, zusätzlich einige der Holzkirchen von Maramureş besichtigen zu können. Diese, ebenso wie die Moldauklöster und die 2013 in Südpolen und der Slowakei besuchten Holzkirchen, gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Auf den Vergleich waren wir gespannt.

Und so ergab sich eine Route, die uns in eine der abgelegensten Ecken Rumäniens führen, die uns ein Bild von den Karpaten vermitteln und die uns gleichzeitig zwei bedeutenden Objekten der UNESCO-Welterbe-Liste näherbringen würde.

So sah letztendlich unsere Fahrstrecke aus:

Die Bukowina (Buchenland) ist eine historische Landschaft im Grenzraum zwischen Mittel-, Südost- und Osteuropa. Die nördliche Hälfte gehört zur Ukraine und ist Teil des Bezirks Czernowitz. Die südliche Hälfte gehört zu Rumänien und ist Teil des Kreises Suceava. Die Bukowina war jahrhundertelang ein Teil des Fürstentums Moldau. Von 1775 bis 1848 war sie Teil des habsburgischen Kronlandes Galizien und Lodomerien, erhielt aber 1850 wegen ihrer gewachsenen Bedeutung den Status eines eigenständigen Kronlandes. Im Nordwesten liegt Ostgalizien mit seiner Hauptsadt Lemberg (Lviv) und im Südwesten Siebenbürgen mit Hermannsburg (Sibiu) und Braşov (Kronstadt). Wer mehr über die Bukowina erfahren möchte: hier

Ganz im Norden Rumäniens, entlang der ukrainischen Grenze, liegt die Region Maramureş, von den Rumänen als ursprünglichster Teil ihres Landes gepriesen. Noch heute halten hier die Menschen an ihrer bäuerlichen Kultur und Tradition fest. Idyllische Dörfer mit malerischen Holzkirchen liegen in sanften Hügellandschaften und in steileren, bergigen Regionen. Schon Anfang des 12. Jahrhunderts kamen deutsche Siedler in diese abgelegene Bergwelt. Sie gründeten Bergwerkstädte, um den Erzbergbau in diesem Teil der Maramureş zu begründen. Als Folge des Hitler-Stalin-Pakts von 1939 wurden die Bukowinadeutschen "Heim ins Reich" beordert. Viele weitere Details zu Maramureş finden sich hier

Weshalb heißen die Moldauklöster eigentlich "Moldauklöster", fließt doch die Moldau – wie man durch Herrn Smetana weiß - durch Prag und ist somit mehr als 1.000 km entfernt und ist "Moldau" (auch Moldawien) eine der Post-Sowjetischen Republiken zwischen Rumänien und der Ukraine.

Die Holzkirchen von Maramureş

Um die Mittagszeit war unser Flug von Köln von Klausenburg (Cluj-Napoca) gelandet. Nachdem wir uns mit den gewöhnungsbedürftigen rumänischen Plastikgeldscheinen eingedeckt und unseren Mietwagen entgegengenommen hatten, ging's schnurstracks auf der gut ausgebauten "1C" nach Norden. Auf der "18B", kurz hinter Dej, wurde es dann spannend. Wir gewannen einen ersten Eindruck davon, was uns auf den einzuschlagenden Nebenstraßen wohl erwarten würde.


Weshalb sind die Holzkirchen von Maramureş so ganz anders sind als diejenigen in Polen und der Slowakei? Holzkirche ist Holzkirche, oder? Die Materialen und die Techniken sind gleich, der Kulturraum ebenso, der Reichtum an Holz und die handwerklichen Fertigkeiten dito, die Geographie unterscheidet sich nicht wesentlich, die eine Region liegt am Nordrand, die andere am Südrand der Karpaten, in dauerhafte, kriegerische Auseinandersetzungen waren beide verstrickt, in beiden Gebieten dominiert die Orthodoxie und - am wichtigsten - die Entstehungszeit ist auch gleich. Wieso also sind die polnisch-slowakischen Kirchen klein und geduckt und ohne weithin sichtbaren Kirchturm, die maramures'schen im Gegensatz dazu mit hoch aufragenden Türmen, weithin sichtbar? Begnügen wir uns mit der Feststellung, dass es ist, wie es ist.



Surdeşti, Maramureş (links), Mirol'a, Slowakei (oben)

An anderer Stelle habe ich bereits vermerkt, dass Maramureş eigentlich nicht unser Reiseziel gewesen ist. Als wir in der Reisevorbereitung auf den "Fröhlichen Friedhof" von Săpânţa stießen, ein Dorf mitten in Maramureş, und uns damit befassten, wie und mit welchem Aufwand unsere Moldauklöster-Route um dem Abstecher nach Săpânţa zu ergänzen sei, erinnerten wir uns daran, dass wir bereits in der Planung der Klosterburgen-Reise 2014 den Besuch einiger der rumänischen Holzkirchen in Erwägung gezogen und in unserer Straßenkarte markiert hatten.
Jetzt lagen sie quasi auf dem Weg. Was also lag näher, als die Holzkirchen in unser Programm einzubinden?

Rogoz

Eine geschlagene Dreiviertelstunde haben wir auf den pensionierten Geistlichen gewartet, bis er fertig zu Mittag gegessen und seine Enkel zur Schule gebracht hatte, bevor er uns - dankbar für den Besuch seines UNESCO-Welterbe-Kirchleins "Zu den Heiligen Erzengeln Michael und Gabriel" - in nicht enden wollenden Tiraden in schlechtem Französisch ("un moment") in sämtliche inneren und äußeren Details dieses Gotteshauses von 1631 einweihte.
So genau hatten wir's eigentlich nicht wissen wollen, aber der Gute war nicht zu bremsen und so voller Stolz auf seine ehemalige Wirkungsstätte und so dankbar für die geduldigen Zuhörer, dass wir die eineinhalb Stunden tapfer durchgestanden haben.
Als Erkenntnis haben wir aus dieser ersten Kirchenbesichtigung gewonnen, dass man ein hohes Risiko eingeht, sich nolens volens einem besessenen Kunstfreund auszuliefern. Konsequenzen haben wir aus jedoch keine gezogen, ziehen können. Wir hatten schlicht keine Gelegenheit dazu. Denn – auch hier die Parallele zu den Kirchenburgen in Siebenbürgen – es ist reine Glücksache, ob man das Kircheninnere zu Gesicht bekommt oder eben nicht.
Kurzbeschreibung



Surdeşti

Nach dem ausschweifenden Besuch von Rogoz erwartete uns wenige Kilometer nördlich die erste Enttäuschung.
Die UNESCO-Kirche "Zu den Heiligen Erzengeln Gabriel und Michael" mit Ihrem 54 Meter hohen Kirchtturm war geschlossen. Kein Hinweis, keine Telefonnummer, die nächste Behausung ein paar hundert Meter entfernt.
Wir beschlossen, aufgrund der einbrechenden Dunkelheit unmittelbar zu unserem Nachtquartier in Sighetu Marmaţiei (auch Sighet oder viel schöner, veraltet Sighetul-Maramuresului) zu fahren. Die ewig langen Umleitungen und schlechten Straßenverhältnisse und die Zeit, die wir unfreiwillig in Rogoz investiert hatten, zwangen uns, Surdeşti Surdeşti sein zu lassen, die Kirchen von Budeşti und Deseşti engräumig zu umfahren. Es standen ja für den Folgetag noch mindestens drei weitere Kirchen auf unserer Agenda.


Bârsana

So hoch über dem Dorf liegt das Kirchlein, dass nur die weite Anreise motiviert, den Hügel zu besteigen. "Da kommst Du schon den weiten Weg aus Hennef und kneifst dann vor den paar Höhenmetern?"
Ob sich der Aufstieg letztendlich zur Kirche "Die Hl. Gottesmutter betritt den Tempel" lohnt, hängt davon ab, ob die Küsterin sich an die im Aushang genannten Öffnungszeiten hält. Tut sie aber nicht. Wir (uns ein anderes Paar) waren zur rechten Zeit am rechten Ort, nur die Frau mit dem Schlüssel nicht. Schade drum.
Deshalb nur soviel: Die Kirche entstand im Jahr 1720 als Klosterkirche. Nach dessen Auflösung 1791 wurde sie auf den jetzigen Standort umgesetzt. Die umfassende Ausmalung stammt aus dem Jahr 1806.
Beschreibung mit Fotos

Poienile Izei

Die Kirche zur "Hl. Frommen Parascheva" (Sfanta Cuvioasa Paraschiva) wurde zwischen 1606 und 1632 errichtet. Hinsichtlich ihrer Architektur und ihres Erhaltungszustandes nimmt einen der Spitzenränge unter den Holzkirchen von Maramures ein. Die bildnerische Innenausstattung stammt aus dem Jahr 1794.
Die Hl. Parascheva, auch "Hl. Parascheva des Balkans" wird in der gesamten griechischen Orthodoxie verehrt. Sie war eine asketische Heilige aus der Nähe von Konstantinopel und lebte im 11. Jahrhundert.
So wenig Glück wir in Bârsana hatten, so viel hatten wir hier. Wir hatten uns schon damit abgefunden, dass die vielen trauergekleideten Menschen die Kirche verstopfen würden, doch dann bogen sie alle zum glänzend weiß am Dorfrand stehenden Neubau ab. Und wir hatten – wieder nach einem beschwerlichen Aufstieg – die alte Kirche für uns. Offen! Weil sich gerade Priester, Küsterin und die Sargträger auf die Exequien in der neuen Kirche vorbereiteten.
Immerhin gewährte man uns Zutritt und wir standen in einem Gruselkabinett. Eine Wand der Kirchenvorhalle strotzt von Darstellungen teuflischer Strafen: Meistens sind es Frauen, die von den Teufeln gequält werden. Doch sehe man selbst.
Wenn der Schrecken tief genug sitzt, darf man sich umdrehen und auf ein gutes Ende für die Guten hoffen!
ausführliche Beschreibung

Ieud

Anderthalbmal Glück wiegt dreimal Pech auf? Wer behauptet das? Wir finden, dass es einmal des Pechs zuviel war, dass auch dieses Gotteshaus aus dem frühen 17. Jahrhundert, die Holzkirche von Ieud verschlossen war. An der Kirchenpforte gab's Aushänge jede Menge. Was fehlte, war ein Hinweis, wann die Kirche zu besichtigen ist und wer gegebenenfalls einen Schlüssel hat. Keine Adresse, keine Telefonnummer und dazu Mittagszeit und kein Mensch weit und breit.
Also haben wir auch auf die Kirche zur "Geburt der Jungfrau Maria" verzichten müssen. Das alte Leid.
Beschreibung

Fazit

Wenn man Glück hat und viel, viel Zeit, dann ist eine Reise zu den Holzkirchen von Maramures sehr, sehr lohnenswert. Bei allen anderen Kombinationen von Glück und Zeit sollte man's lassen. Glück und wenig Zeit reicht nicht, erst recht nicht Zeit, egal ob viel oder wenig, und kein Glück. Solange die UNESCO nur großartig den Titel "Weltkulturerbe" verleiht und nicht dauerhaft und nachhaltig jemanden finanziert, der die Kirchentüren geöffnet hält, so lange wird's den dringend benötigten Tourismus nicht geben. Die armen rumänischen Gemeinden können diese Vorgabe nicht leisten.


Der "Fröhliche Friedhof von Săpânţa"

Dieser Friedhof ist ein absolutes Unikum! Im Nirgendwo, 15 km westlich von Sighet, unmittelbar an der ukrainischen Grenze hatte ein örtlicher Künstler, Stan Ioan Patraş, vor Jahrzehnten damit begonnen, die hölzernen Grabstelen der Verstorbenen zu bearbeiten, indem er Szenen aus deren Leben oder ihrer beruflichen Tätigkeit oder aber die Umstände, die zu ihrem Tod geführt hatten, bildhaft darstellte und mit Texten versah.

Nach seinem Tod 1977 wurde diese Tradition fortgeführt mit dem Resultat, dass heute ein ganzer Wald leuchtend blauer Grabstelen den Kirchhof ziert. Nur schade, dass man die Texte nicht versteht! Man sehe sich diese Website an, um dies zu bedauern. Diese zwei Beispiele mögen einen Eindruck vermitteln:


Die Moldauklöster der Bukowina


Die "Himmelsleiter" in Suceviţa

Über die Entstehungsgeschichte der Klöster und ihre Bedeutung für das Selbstverständnis der rumänischen Gesellschaft ist so viel zu Papier gebracht worden, dass ich mir eine Wiederholung sparen darf. Auch die Furcht vor den Berserkern des Vroni-Plag hält mich davon ab.

Als unsere Wirtin in Moldoviţa erfuhr, dass wir nicht nur die Touristenroute mit den UNESCO-Welterbe-Klöstern Moldoviţa, Suceviţa, Voroneţ und Humor besuchen wollten sondern uns darüber hinaus Putna, Arbore, Bogdana, Bălineşti, Dragomirna, Pătrauţi, Probota, Râşca und Slatina zu besuchen vorgenommen hatten, war ihre spontane Reaktion: "Seit 23 Jahren empfange ich Gäste in meinem Haus, die wegen der Klöster in die Bukowina kommen. Alle begnügen sich mit den "Großen Vier" und dazu eventuell noch Putna. Sie sind die ERSTEN, die sich alle Klöster ansehen möchten!"

Die "großen Vier" (und Putna)


Kloster Moldoviţa

Kloster Suceviţa

Kloster Voroneţ

Kloster Humor

Kloster Putna ©


Ob das Bewunderung war oder Unverständnis konnten wir nicht erkennen. Vielleicht dachte sie, was eine gute Freundin nach der Lektüre des Reise-Reports "Kirchenburgen in Siebenbürgen" ausgesprochen hatte: "Warum schaut Ihr Euch noch die dreizehnte und vierzehnte Kirchenburg an, wenn das Grundprinzip doch schon nach drei Objekten erkennbar ist?" Ja, warum?

Natürlich hat die Frage ihre Berechtigung, verschwimmen doch die Details spätestens nach der dritten Kirche. Vielleicht ist es mein Hang zur Perfektion, meine Sammelwut, das Bemühen um Vollständigkeit, mein Hang nichts zu verpassen oder ganz einfach "Der Aufwand der weiten Reise muß sich doch lohnen!".

Und hier sind die acht übrigen:


Kloster Arbore

Kloster Bălineşti

Kloster Dragomirna

Kloster Pătrauţi

Kloster Suceava ©

Kloster Probota

Kloster Râşca

Kloster Slatina

Das alles zusammengenommen und das fortschreitende Alter sind seit einigen Jahren mein Motiv, die Reise-Reports zu verfassen. Damit wir uns erinnern und unsere Erinnerung überprüfen können. (Und damit wir unserem treuen Leserkreis Besonderheiten, die Europa zu bieten hat, näherbringen.)

Zu diesen Besonderheiten zählen fraglos die Moldauklöster.

Ihre Entstehung fällt in die Regierungszeiten Stephans des Großen (1457–1504), dem das Fürstentum Moldau im 15. und 16. Jahrhundert seine Größe und Bedeutung zu verdanken hat, und die eines seiner Nachfolger, Petru Rareş (1541–1546). Stephan hatte ein Gelübde abgelegt, dass er für jeden Sieg über die seine Herrschaft bedrohenden Tataren, Polen, Ungarn und Osmanen eine Kirche oder ein Kloster stiften würde. Vierzig Siege hat Stephan der Große errungen, vierzig Gotteshäuser entstanden und alle sind ebenso wie die Siebenbürger Kirchenburgen mit einer hohen Schutzmauer umgeben.

Dem gläubigen, aber analphabetischen Volk die Bibel und Heiligen näher zubringen, bediente man sich im Mittelalter bildhafter Darstellungen. Ob damit auch Angst und Schrecken vor ewiger Verdammnis ausgelöst werden sollten (anhand mancher Beispiele sollte man das annehmen), um die Herrschaft über die Seelen – und damit die Macht – zu festigen, soll hier nicht diskutiert werden.

Nirgendwo, soweit ich mich erinnern kann, werden Bibelszenen und Heiligenlegenden so umfassend und drastisch dargestellt, wie in den mittelalterlichen Kirchen des Ostens.

Mag sein, dass dieser Eindruck entsteht, weil Osteuropa weniger Bilderstürmerei erleiden wurde, und deshalb diese Darstellungen häufiger erhalten geblieben sind. Jedenfalls sind die Innenräume der Holzkirchen in Polen, der Slowakei und in Rumänien über und über mit solchen Szenen ausgemalt.

Durch nichts übertroffen jedoch sind die Klosterkirchen des ehemaligen Fürstentums Moldau. Hier begnügte man sich nicht mit der Ausmalung der Innenräume. Diese inneren Fresken-Darstellungen des Alten und Neuen Testamentes, das Leben Jesu, Heilige und Propheten, Engel und Dämonen, Himmel und Erde wurden auf den Außenseiten der Kirchenmauern fortgesetzt.

Sie gelten als Meisterwerke der byzantinischen Kunst. Ihre Schöpfer sind meist unbekannt. Diejenigen, die man benennen kann, stammten alle aus der Region.

Erstaunlich gut erhalten sind viele der bis zu fünfhundert Jahre alten Außenfresken der Kirchen. Die leuchtenden Farben, die auf teilweise bis heute noch nicht definierten Materialien, kombiniert mit einer besonderen Maltechnik beruhen, sind an vielen der Klöster erhalten geblieben.

Ganz außergewöhnlich ist die Intensität der Farben, die – von Kloster zu Kloster unterschiedlich – die Darstellungen dominieren, so das Grün von Humor oder das Blau von Voroneţ. Herausgefunden hat man immerhin, dass die Farben aus Mineralien und Pflanzen extrahiert wurden, ohne genau sagen zu können, welche Farben von welchen Quellen stammten. Immerhin konnte geklärt werden, dass das Blau von Voroneţ aus geriebenem Azurit gewonnen wurde.

Wie die mittelalterlichen Maler sichergestellt haben, dass wir ihre Kunst immer noch bewundern können, hat man inzwischen in Ansätzen entschlüsselt. Sie bohrten bis zu zwanzig Zentimeter tiefe Löcher in den aufgetragenen, feuchten Putz, bewirkten damit längeren Luftkontakt und dadurch eine längere Trockenphase. Diese Technik führte dazu, dass die Farben tiefer in den Putz eindringen konnten.

Natürlich blieb nicht aus, dass die Fresken auf den Wänden, die der Witterung besonders ausgesetzt waren, im Laufe der Jahrhunderte an Leuchtkraft verloren und teilweise bis zur Unkenntlichkeit verwittert sind.

Ab hier werde ich 'Bilder sprechen lassen', versehen nur mit kurzen Einführungen und einem Link auf ein reich bebildertes, vierfarbiges Büchlein, das in ausführlichen Beschreibungen und Bilddokumenten die Schönheit der Moldauklöster wiedergibt.


Kloster Moldoviţa

Das Kloster Moldoviţa ist ein rumänisch-orthodoxes Frauenkloster. Die innerhalb der Klostermauern befindliche Kirche ist Mariä Verkündigung geweiht.
Das Kloster Moldoviţa wurde 1532 von Petru Rareş, einem unehelichen Sohn von Stefan dem Großen, gestiftet. Die Kirche im traditionellen Dreikonchentypus mit fünf Räumen ist mit Wehrtürmen und Mauern umgeben. Die Innen- und Außenwände der Kirche wurden 1537 mit Wandmalereien versehen. Bedeutend ist unter anderem eine Darstellung der Belagerung Konstantinopels an der Südfassade.

Kloster Suceviţa

Das rumänisch-orthodoxe Koster Suceviţa, der Auferstehung Jesu Christi geweiht, ist eines der schönsten Moldauklöster und das einzige, dessen Innen- und Außenwände vollständig mit Wandmalereien versehen sind und dessen Fresken innen und außen vollständig erhalten sind.
Bedeutend ist unter anderem die Darstellung "Stufenleiter der Tugenden" an der Nordfassade, die eine Leiter zum Himmelstor zeigt. Teufel versuchen die auf der Himmelsleiter hinaufsteigenden Menschen hinunter in die Höllenschlucht zu ziehen, während über der Leiter Engel schweben. Die auf der Treppe hinaufsteigenden Menschen sind wie Mönche gekleidet.

Kloster Putna

Fürst Stefan der Große ließ das heute rumänisch-orthodoxe Kloster in der Zeit zwischen 1466 und 1469 erbauen. Das Kloster Putna war damals ein blühendes kulturelles Zentrum. Geistliche und Chronisten aus der Region wurden dort zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert ausgebildet. Mönche kopierten Manuskripte sowie alte Chroniken und zierten religiöse Texte mit Miniaturen.
Die alte Klosterkirche wurde 1653 zerstört und zwischen 1653 und 1662 ohne die Fresken an der Außenseite wiedererbaut. Sie ist in dieser Form, obwohl sie 1757 nochmals beschädigt wurde, bis heute erhalten.

Kloster Arbore

Luca Arbore, ein General Stefans des Großen, ließ im Jahr 1503 das Kloster errichten. Die kleine rechteckige Klosterkirche hat keine typische hohe Kuppel. Die überwiegend grünen Fresken wurden 1541 von einer Künstlergruppe um den Meister Dragoş Coman aus Iaşi gefertigt.
Die am besten erhaltenen Fresken befinden sich an der Süd- und der Westseite. Die rumänisch-orthodoxe Klosterkirche ist dem "Köpfen des Heiligen Johannes des Täufers" geweiht.

Kloster Bălineşti

Das Kloster folgt dem Baustil aus der Zeit Stefans des Großen, verfügt jedoch über ein einzigartigen abgerundeten Westchor.
Die Außenmalerei aus der Zeit des Petru Rareş (1535-1538) ist größtenteils verwittert, nur in den größeren Nischen der Ostapsis und auf den Ost- und Westfassaden sind Spuren von Außenwandmalereien erhalten geblieben.
Auf den Putz wurden Reihen von braun, gelb und grün emaillierten Keramikkacheln aufgesetzt, die mit fantastischen Kreaturen aus abendländischen Bestiarien heraldische Themen aufgreifen. Diese Art der Verzierung ist charakteristisch für die Epoche Stephans des Großen.
Die Veranda ist an drei Seiten offen und mit einem authentisch gotischen Kreuzrippengewölbe versehen.

Kloster Dragomirna

Das Kloster Dragomirna wurde durch den Metropoliten Anastasie Crimca gegründet und von 1602 bis 1609 errichtet.
Umgeben ist das Kloster von 10m hohen und 2m breiten Mauern, die 1627 fertiggestellt wurden. Die 42 m hohe, 35 m lange und 9,50 m breite Kirche des Klosters weist romanische, gotische und orientalisierende Stilelemente auf.
Ihr Inneres offenbart Wandmalereien in einem miniaturartigen Stil.

Kloster Pătrăuţi

Das Gotteshaus wurde 1487 von Stefan dem Großen als Kirche zur "Heiligen Kreuzerhöhung" für ein Nonnenkloster errichtet und konzentriert auf kleinstem Raum die Elemente des moldauischen Baustils in sich. Die Westwand des Pronaos zeigt den Ritt den Kaisers Konstantin zum Schutz des Christentums, begleitet von 16 Heiligen zu Pferde, die von dem Erzengel Michael geführt werden.

Kloster Suceava

Das Kloster zum "Heiligen Johannes, dem Neuen" (Johannes von Trapezunt) beherbergt die Klosterkirche St. Georg.
Kloster und Kirche wurden von Fürst Bogdan III., Sohn Stefans des Großen, 1514 gestiftet und 1522 unter Fürst Ştefăniţă Voda fertiggestellt. Die Innen- und Außenmalereien wurden im Auftrag des Fürsten Petru Rareş (1532–1534) durchgeführt.

Kloster Probota

Das Kloster Probota und die Klosterkirche zum "Hl. Nikolaus" wurden von Fürst Petru Rareş, einem Sohn Ştefans des Großen 1530 als die dritte Klosteranlage auf diesem Areal errichtet. Petru Rareş und dessen Ehefrau sowie sein Sohn Stefan Rareş begrub man später auf der linken Seite in der Krypta der Klosterkirche.
Die Innen- und Außenmalereien entstanden zwischen 1532 und 1536. 1550 wurde die bis zu sechs Meter hohe Klostermauer mit Wehrtürmen und Wehrgang errichtet.

Kloster Râşca

Die Kirche "St. Nicholas" hat die Form eines Kleeblattes. Sie wurde in zwei Phasen gebaut. Der Stil entspricht der Bau den östlichen Kirchen im sechzehnten Jahrhundert, verziert mit Außenfresken aus den Jahren 1552-1554. Der westliche Abschluß besteht aus einem kleinen und offenen Portal aus den Jahren 1611-1617.
Die Innenmalerei ist durch zwei ikonographische Themen bemerkenswert: "Das jüngste Gericht" und die "Leiter der Tugendkräfte". Eine noch meisterhaftere Darstellung befindet sich in Suceviţa.

Kloster Slatina

Fürst Alexandru Lapusneanu ließ 1561 das Kloster durch Baumeister aus Siebenbürgen erbauen. Die Kirche beeindruckt durch die Klarheit der Umrisse, ihre Monumentalität und durch ihre Silhouette. Das Mauerwerk besteht aus einer Mischung von unbearbeiteten Steinen und Ziegeln. Die Außenfassaden sind ganz mit Mörtel beworfen.
Einige Spuren auf dem Kirchturm lassen vermuten, dass die Kirche auch außen bemalt war. Heute ist sie gekalkt. Im Innern, im Turm des Hauptschiffes (Naos), ist in zentraler Stellung Christus Pantokrator gemalt. Im Vorderschiff (Pronaos), an der oberen westlichen Wand befindet sich das Stifterbild.
Die meisten Innenfresken sind bis zur Unkenntlichkeit verrußt und durch Feuchtigkeit so stark in Mitleidenschaft gezogen, daß keine Fotos gemacht werden konnten. Die obigen Abbildungen 1-3, 6 und 7 sind dem Internet entnommen.

Kloster Humor

Die heutige Klosterkirche von Humor wurde im Jahr 1530 unter Petru Rareş errichtet und dem Fest Mariä Himmelfahrt geweiht. Nicht weit entfernt sind noch die Ruinen der 1415 erbauten Vorgängerkirche zu sehen. Fünf Jahre nach Fertigstellung des Klosters, also 1535, kamen die fantastischen Wandmalereien vom Künstler Toma Zugravul von Suceava hinzu. Sie sind die ältesten aller Moldauklöster.
1641 lies Vasile Lupu die Klosteranlage befestigen und errichtete einen Turm zur Verteidigung derselben.

Voroneţ

Das Kloster Voroneţ beherbergt mit St. Georg die wohl prächtigste Kirche aller Moldauklöster. Auf Basis des berühmten Voroneţ-Blaus fallen die mittelalterlichen Fresken besonders farbenprächtig und detailreich aus.
Das Kloster wurde von Mai bis September 1488 in der Rekordzeit von drei Monaten und 21 Tagen unter der Herrschaft von Stefan dem Großen errichtet. Seinen aufwändigen Fassadenschmuck erhielt es jedoch erst 1534-1535 unter dessen Sohn, dem Fürsten Petru Rareş.
Besonders berühmt ist die Darstellung des Jüngsten Gerichts, die die gesamte fensterlose West-Fassade des VoroneŢ-Klosters einnimmt. Von oben bis unten reichen fünf Bilderreihen von Gott mit seinen Engeln über Jesus Christus und den Heiligen Geist als weiße Taube mit Adam und Eva bis zur Waage, die die Menschen in Gut und Böse teilt und die Hölle mit dem Teufel, in die sich der markante leuchtend rote Feuerstrom ergießt. Auf der Südseite rechts neben dem Eingang ist unter dem Fenster die so genannte Fürbitten-Gruppe mit Jesus Christus, der Mutter Maria und Johannes dem Täufer zu sehen.
Die herrlichen Fresken am Kloster Voroneţ setzen sich auch im Inneren der Kirche fort und sind erstaunlich gut erhalten.

Abschließend ein paar Bilder aus dem Innenleben der Klöster
aufgenommen (vlnr.: in den Klöstern Moldoviţa, Probota, Putna, Dragomirna, Putna, Suceviţa, Suceviţa und Râşca







entweder ⇒ zurück zum Anfang
oder ⇒ zurück zu den Holzkirchen
oder ⇒ zurück zum Friedhof von Săpânţa
oder ⇒ zum touristischen Teil mit den "Fragen & Antworten"






Noch Fragen? Ja. Und ob.
Aber auch ein paar Antworten.



Mit dem "Guten Mensch von Sezuan" könnte man unsere Situation treffend so beschreiben: "Der Vorhang zu und alle Fragen offen".

Von unserer vorjährigen Siebenbürgen-Reise waren wir mit der Vorstellung zurückgekehrt, Rumänien nun "verstanden" zu haben. Wie, das mag man in dem Reise-Report "Kirchenburgen in Siebenbürgen 2014" nachschlagen. Auf der diesjährigen Reise ist uns klar geworden, dass wir eigentlich nichts von Rumänien verstanden hatten. Wir hatten nur "Siebenbürgen" verstanden.

Das Ausmaß an (sichtbarer) Armut springt einen an: Die vielen Pferdefuhrwerke, die in Teilen von Maramureş (und auch der Bukowina) die Zahl der Motorfahrzeuge übersteigt, die handtuchschmalen Ackerflächen, die Menge der alten, windschiefen Holzhäuser, die ärmliche Kleidung der Menschen, der werktägliche Müßig- und der sonntägliche Kirchgang, die weitgehend hundsmiserablen Straßenverhältnisse, die fehlenden Bauordnungen und Bebauungspläne in den Städten und der Neubauten-Wildwuchs auf dem Lande. Alles das gab es auch in Siebenbürgen, jedoch nicht in diesem Ausmaß, in dieser sich geradezu aufdrängenden Deutlichkeit.

Wieso, fragt sich der wohlstandssatte Mitteleuropäer, sind die Rumänen nach acht Jahren EU-Mitgliedschaft noch nicht weiter? Wieso wirkt die Infrastruktur ganzer Landstriche in Nordrumänien wie in einem Land der Dritten Welt? Was haben die Polen besser (oder die Rumänen schlechter) gemacht? Wieso sind dort die Straßen besser, die Städte restaurierter und gepflegter, die Auslagen in den Geschäften sortierter, die touristische Infrastruktur stimmiger, die Menschen besser gekleidet? Ich spreche hier von unseren zwei Jahre alten Eindrücken in den östlichen Woiwodschaften Małopolskie (Kleinpolen), Podkarpackie (Karpatenvorland) und Świętokrzyskie (Heiligkreuz) – nicht etwa von Schlesien oder Masuren. 2013 war Polen so lange EU-Mitglied, wie Rumänien heute.

Fragen also, und alle bleiben offen.



High EndCars, britische Kennzeichen

Was hat es zu bedeuten, dass rund um Vicovu de Sus in der Bukowina, unmittelbar an der Grenze zur Ukraine auffällig viele schwere Limousinen deutscher Provenienz mit britischen Kennzeichen auftauchen? Die erste Reaktion: "Gastarbeiter" auf Heimaturlaub aus England. So einfach aber kann die Erklärung nicht sein: Welcher rumänische Gastarbeiter verdient in drei, vier, selbst fünf Jahren soviel, dass es sich neben dem Bestreiten seines Lebensunterhaltes, der Unterstützung seiner Familie daheim und den Heimreisen einen Audi A8, einen Siebener-BMW oder eine S-Klasse leisten kann? Und wieso so viele? Und wieso alle rund um Vicovu de Sus, einer Kleinstadt mit 15.000 Einwohnern?

Im Märzen der Bauer …

... die Rößlein anspannt. Davon träumt so mancher maramurische und bukowinische Bauer. Hätte er denn. Ein Pferd an der Deichsel geht ja noch. Aber Kühe? Erinnerungen an die späten 1940er Jahre wurden wach. Damals, vor 70 Jahren, war ich öfter zur Sommerfrische (Kinderlandverschickung nannte sich das wohl) bei entfernten Verwandten in der Eifel, dort, wo die Eifel am tiefsten ist und die Menschen am ärmsten. Dort spannte man in Ermanglung von Pferden und Ochsen die Milchkühe vor die Heuwagen und Pflüge. Dass die Milchproduktion dieser "Zugkühe" gegen Null tendierte, mußte nolens volens hingenommen werden. Was blieb einem übrig? Daß es so etwas heute noch gibt? In der EU?


Eine Landschaft wie ein Flickenteppich

So wie wir uns über die riesigen Agrarflächen in Siebenbürgen gewundert hatten, so erstaunte und der agrarische Flickenteppich in weiten Teilen von Maramureş und der Bukowina. Ein handtuchgroßes Flurstück reiht sich an das nächste. Gerade zu unserer herbstlichen Reisezeit mit dem unterschiedlichen Bearbeitungszustand der Agrarflächen wird deutlich, wie es um die Besitzverhältnisse der Bauern bestellt ist.
Solche Feldflächen sind wirtschaftlich kaum zu betreiben, geschweige wenn diese auch noch weit auseinander liegen. Zusätzlich erschwert wird die Situation durch die vielen brach liegenden Flächen. Bestellte Felder wechseln mit Brachflächen, was dazu führt, dass Unkraut überwuchert. Was zusätzliche, unwirtschaftliche Arbeit bedeutet.
Auch diese Situation erinnert mich an die Eifel vor den Flurbereinigungsverfahren. Meine Verwandten zogen zur Beackerung ihrer winzigen Felder mit ihrem Kuhgespann teilweise bis in die Nachbargemeinden.

Beinahe-Fertig-Häuser

Sie verschandeln die Landschaft nicht wie die Bauruinen in Apulien. Was hier als Fremdkörper mitten im Gelände steht, sind unverputzte, teilweise verglaste Ein- und Zweifamilienhäuser.
Allem Anschein nach handelt es sich um "Beinahe-Fertig-Häuser", Häuser, die zu drei Viertel, eher noch zu sieben Achtel fertig gestellt sind. Und, den Fassadenbannern "De Vanzare" zu Folge, auf Käufer warten. Wer finanziert eine solche Behausung ohne zu wissen, ab wann sich die Investition amortisieren wird? Wer mutet sich zu, den Geschmack potentieller Käufer zu treffen? Vor allem aber, wer kauft ein Haus, ohne Einfluß auf die Grundrisse zu haben – wenn er schon so viel Geld übrig hat?



Pothole, treffender als Schlagloch

Ein Loch so groß, dass man einen Kochtopf drin versenken könnte. Ein? Sagte ich 'ein'? Sobald man die Magistralen verlässt, um zu den versteckten Holzkirchen und Klöstern zu gelangen, lernt man ganz schnell, wie treffend die englische Bezeichnung 'Pothole' ist. Trotz vorsorglicher Unterbodenschutz- und Reifenversicherung wünscht man sich (vergeblich), man hätte zusätzlich eine Achsenbruchversicherung abgeschlossen.
Natürlich kann man langsam fahren und den Löchern soweit wie möglich ausweichen. Was man nicht kann, ist, die großartige Karpatenlandschaft bewundern. Denn der Blick ist starr auf die Fahrbahn (Achtung! Euphemismus) gerichtet. Das ist schade, sehr schade. Wir haben das Problem zu lösen versucht, dass die Beifahrerin immer dann "HALT" rief, wenn ein neues Motiv in Sicht kam. Der Fahrer stieg dann in die Eisen und landete im Zweifel ... in einem Pothole.


Lochstopfen

Wollen wir mal nicht zu überheblich sein: Dieses Problem kennen wir zur Genüge von daheim. Keine Gemeinde, groß oder klein, die nicht darüber klagt, kein Geld zu heben, um die Winter-Schlaglöcher auszubessern.
Nicht, dass man nicht auch in Rumänien versucht, dem Problem Herr zu werden: An einem Sonntagvormittag, in der südlichen Südbukowina, sahen wir vier Straßenbaukolonnen, ausgerüstet mit Teerkocher- und Splitfahrzeug, die sich der Potholes annahmen: Teer eingefüllt, geteerten Split ins Loch, drei Schläge mit der Schaufel … und weiter zum nächsten Loch. Frei nach der Devise "Fährt sich fest. Bald kommt sicher ein Auto."



Denk' ich an Czernowitz ...

2013 waren wir in Lemberg (Lviv) und Czernowitz (Chernivtsi), 2014 hatten wir uns Alba Iulia (Weißenburg), Sebes (Mühlbach), Sibiu (Hermannstadt). Braşov (Kronstadt), Sighişoara (Schäßburg) und Târgu Mureş (Neumarkt) angesehen und uns an den gepflegten, wohl restaurierten Innenstädten erfreut. Jedoch hier im rumänischen Norden begegnete uns das Gegenteil.
Um die Zerstörung der Fassaden und Verhunzungen der kommunistischen Jahre genauso wie der Postmoderne ignorieren zu können, müßte man die Fähigkeit besitzen, Gebäude nur von der ersten Etage aufwärts betrachten zu können. Die Unwirtlichkeit der Altstadt von Radauţi, die Trostlosigkeit der Hauptstraße von Sighet, das einbetonierte Zentrum von Suceava, der Verfall in Vatra Dornei ... Fotos haben wir hier keine gemacht.
(Abb. Google Streetview: Radauţi, Piaţa Unirii)


Der Tempel von Bad Dorna

Vatra Dornei, das alte Bad Dorna, war unsere letzte Station. Trübe Herbsttage schaden jeder Stadt, aber wenn verfallende Bausubstanz und schlechte Straßen hinzukommen, dann fällt es schwer, nicht dem Trübsinn anheim zu fallen.
Überhaupt: Die Freude an Land und Leuten, die Begeisterung über die reichen Kulturschätze, die grandiose Landschaft hatten uns eine Woche lang in fast euphorische Stimmung versetzt. Jedesmal aber, wenn wir in eine Stadt kamen, sei es Suceava, Sighetu Marmaţiei, Radauţi, Gura Humoruliu oder Vatra Dornei, verflog die Hochstimmung und machte Resignation Platz.
Alle diese Gemeinwesen, zu Zeiten der Habsburger Herrschaft Zentren blühenden Lebens, haben mit der brutalen Vernichtung des Judentums und dem Exodus der Bukowinadeutschen ihre Seele verloren.
Der Zustaand der Synagoge von Vatra Dornei ist für mich dafür ein Symbol.





Wie hatte ich doch noch mal einleitend gefragt?

"Rumänien? Wer reist schon nach Rumänien?"

Falls sich die Frage (die ja eigentlich hätte lauten sollen, WESHALB man nach Rumänien reist), durch die Bilder und Texte noch nicht beantwortet hat, dann hätten wir noch ein paar zusätzliche Argumente anhand, die den letzten Skeptiker wohl überzeugen möchten:

Es ist die Landschaft
oben: Karpatenvorland
unten: Karpatenstraße "18A" über den Prislop-Pass (1.413 Meter ü.NN)
Es sind die ungewöhnlichen Verkehrsteilnehmer
Es sind (auch) die Friedhöfe
Und nicht zuletzt die Impressionen am Straßenrand


Wer immer noch nicht genug gesehen und gelesen hat, dem empfehle ich meine Zusammenstellung "Buenas Dias - Schöne Bilder", am Klavier Dragos Bidirel aus Suceava.

Fazit

Es war eine gute Reise, teilweise spektakulär, manchmal bedrückend. Schade, daß so wenige Reisende den Weg hierhin finden. In Maramureş und der Bukowina gibt es Juwelen zu entdecken.
Alles, was man dazu benötigt, ist ein wenig Abenteuerlust, ein wenig Abschiednehmen vom gewohnten Komfort, ein bißchen Phantasie und Improvisationsbereitschaft, eine stabile Wirbelsäule und - einen kleinen Geldbeutel.
Wenn man sich alleine nicht zutraut, die Reise zu planen, dann benötigt man ein gutes, verläßliches Reisebüro. Oder man vertraut sich einem Studenreiseveranstalter an, hört und lernt dann viel und verpaßt all die kleinen Geschichten am Rande, die nur dem Einzelreisenden begegnen.
In diesem Sinne Drum Bun. Nächstes Jahr in Rumänien.

© Friedrich Ortwein
Hennef im Herbst 2015

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